Projektpriorisierung: Ein Leitfaden für PMOS

Dr. Jonas Steeger

Was ist Projektpriorisierung und welchen Nutzen bietet sie? Dieser Artikel bietet Ihnen praxisnahe Techniken, um festzustellen, welche Projekte grünes Licht für Ihr Projektportfolio erhalten und welche bezüglich der Priorität eher hinten angestellt werden sollten.

Möchten Sie Ihr Verständnis für Projektportfoliomanagement vertiefen?

Dann legen wir Ihnen unseren Artikel "Projektportfoliomanagement - Einführung für alle Experten, Praktizierende, und Interessenten" ans Herz, der detailliert auf das Thema eingeht.

Projektpriorisierung meistern: Ein entscheidendes Element für PMOs

Was ist Projektpriorisierung?

Projektpriorisierung ist der systematische Prozess der Bewertung und Bestimmung der Rangfolge und letztlich auch die Auswahl von Projekten auf Grundlage ihrer Ausrichtung an organisatorischen Zielen, ihren benötigten Ressourcen und natürlich dem erwarteten Impact auf das Unternehmen. Im Wesentlichen handelt es sich um die Wissenschaft - aber ein wenig auch um Kunst, die Karten auf die richtigen Projekte zu setzen.

Warum ist Projektpriorisierung wichtig?

Die Bedeutung der Projektpriorisierung ist tatsächlich enorm - und zwar insbesondere, wenn Sie so vielen Projekten oder Projektideen gegenüberstehen, dass nicht alle gleichzeitig vorangetrieben werden können. Aber per sé gilt: In einer dynamischen Geschäftsumgebung mit begrenzten Ressourcen ist es entscheidend, strategische Entscheidungen darüber zu treffen, wo im Unternehmen Zeit, Geld und Anstrengungen investiert werden sollen. Effektive Projektpriorisierung stellt sicher, dass begrenzte Ressourcen Projekten zugewiesen werden, die sich mit den Zielen der Organisation decken - und möglichst maximalen Nutzen bieten.

Aber wie funktioniert das Ganze?

Häufig verlassen sich Organisationen auf eine Art spontanes Bauchgefühl, um die Relevanz und die Priorität von Projekten einzuschätzen. Besonders wenn viele Projekte um die gleichen Ressourcen und Aufmerksamkeit der Geschäftsleitung konkurrieren, kann ein formellerer Ansatz jedoch nützlich sein. Lassen Sie uns einen Blick auf einige gängige Methoden der Priorisierung werfen.

1. MoSCoW Framework:

Das MoSCoW Framework ist eine einfache, aber kraftvolle Methode, um Projekte innerhalb eines Portfolios zu priorisieren. Das Akronym MoSCoW steht für Must-haves, Should-haves, Could-haves und Won't-haves.

  • Must-haves: Dies sind nicht verhandelbare Projekte, die für den Erfolg des Unternehmens entscheidend sind. Ihr Ausschluss könnte zum Scheitern führen.

  • Should-haves: Wichtige Projekte, die den Wert des Unternehmens steigern, aber nicht unbedingt notwendig sind. Sie tragen erheblich dazu bei, stellen jedoch keine Ausschlusskriterien dar.

  • Could-haves: Wünschenswerte Projekte, die sicherlich gut sind, aber das Unternehmen nicht wesentlich beeinflussen, wenn sie ausgeschlossen werden. Sie werden nach der Berücksichtigung von Must-haves und Should-haves betrachtet.

  • Won't-haves: Projekte, die ausdrücklich aus dem strategischen Scope ausgeschlossen sind. Die Festlegung dessen, was nicht enthalten ist, ist genauso wichtig wie die Definition dessen, was enthalten ist, um einen sogenannten Scope Creep zu verhindern.

Wenn Sie diese Methode ausprobieren möchten, empfehlen wir, sich mit allen Mitgliedern des PMOs - und idealerweise anderen Stakeholdern (z. B. allen Projektsponsoren einer bestimmten Sparte innerhalb des Projektportfolios) - in einem Workshop zusammenzufinden, um die Bewertung durchzuführen. Dies ermöglicht nicht nur verschiedene Perspektiven und Informationen einzubringen, sondern fördert auch ein gemeinsames Verständnis der Priorisierung.

2. Matrix-Methoden (z. B. Eisenhower-Matrix):

Die Eisenhower-Matrix ist ein visuelles Tool, das Projekte in vier Quadranten, basierend auf Dringlichkeit und Bedeutung kategorisiert. In gewisser Weise ähnelt es dem MoSCoW-Framework. Die Matrix erstreckt sich über zwei Achsen - Dringlichkeit und Bedeutung - und ergibt die folgenden Quadranten.

  • Dringlich und wichtig: Projekte in diesem Quadranten erfordern sofortige Aufmerksamkeit und sind entscheidend für den Unternehmenserfolg. Sie sollten prioritär behandelt werden.

  • Nicht dringlich, aber wichtig: Projekte, die erheblich zu langfristigen Unternehmenszielen beitragen, jedoch nicht sofortige Aufmerksamkeit erfordern. Sie sollten geplant und terminiert werden.

  • Dringlich, aber nicht wichtig: Projekte, die sofortiges Handeln erfordern, aber weniger Einfluss auf den Gesamterfolg des Unternehmens haben. Delegieren Sie oder minimieren Sie die Zeit, die für diese aufgewendet wird.

  • Weder dringlich noch wichtig: Projekte mit geringer Priorität, die bei Flaute vom Unternehmen in Erwägung gezogen werden können. Gängigerweise fliegen diese Projekte doch komplett raus.

Die Eisenhower-Matrix bietet eine schnelle und intuitive Möglichkeit, Projekte zu priorisieren. Am Ende des Tages ist die absolute Position im Raster nicht wirklich wichtig. Die relative Position der Projekte zueinander ist die Information, die Sie zum Priorisieren suchen. Wenn Sie es ausprobieren möchten, empfehlen wir auch in diesem Fall, sich in einem Workshop zusammenzufinden.

3. Empirische Bewertungsmethoden:

Die eher zahlengetriebenen Bewertungsmethoden beinhalten die Zuweisung numerischer Werte zu Projekten auf Grundlage vordefinierter Kriterien. Die Idee ist, Projekte anhand bestimmter Kriterien zu bewerten, wobei jedes Kriterium eine bestimmte Skala hat (z. B. 1-10, niedrig/mittel/hoch usw.). Kriterien umfassen häufig strategischen Fit, Ressourcenanforderungen und Machbarkeit.

  • Strategischer Fit: Beurteilen Sie, wie gut ein Projekt mit den Zielen der Organisation in Einklang steht.

  • Ressourcenanforderungen: Bewerten Sie, wie groß der Ressourcenbedarf ist (häufig in maschinell, finanziell und Human Resources unterteilt).

  • Machbarkeit: Berücksichtigung der Praktikabilität und Durchführbarkeit der Umsetzung des Projekts unter den bestehenden Einschränkungen.

Häufig neigen PMOs dazu, bestimmte Kriterien stärker zu gewichten als andere. Dies kann einfach durch Multiplizieren der Kriterienwerte mit einem zugewiesenen Gewicht in Ihrer Aggregationsmethode reflektiert werden.

Diese Methoden eignen sich gut für die Erstellung schneller Listen und das Schöne daran ist, dass Sie genau nachvollziehen können, warum ein Projekt vor oder hinter einem anderen in der Priorität rangiert. Die Schwierigkeit besteht jedoch darin, geeignete Kriterien und Skalen auszuwählen und die Werte zu einem Gesamtwert zu aggregieren.

Daher neigen diese Methoden häufig dazu, etwas umständlich zu sein und nicht zwingend beim Bewerten zu helfen - insbesondere wenn zahlreiche Projekte auf dem gleichen Niveau bewertet werden.

4. In-/Out-of-Scope-Ansatz:

Der In-/Out-Of-Scope-Ansatz konzentriert sich darauf, den Projektscope klar zu definieren und Projekte auszuschließen, die außerhalb der festgelegten Grenzen liegen.

Grob gesagt gibt es zwei Kriterien: In Scope und Out Of Scope. Fertig. Obwohl dieser Ansatz besonders simpel ist, ist er nicht weniger wichtig. Denn er verhindert Scope Creep, und stellt sicher, dass Ressourcen Projekten gewidmet sind, die direkt zu den organisatorischen Zielen beitragen. Es ist ein großartiger Einstieg und eine Methode, die Sie in Betracht ziehen sollten, um sie mit anderen Methoden zu kombinieren.

5. Finanzielle Ansätze (z. B. ROI, Payback-Periode, Budget/Kosten, Effekt-Pareto):

Hier geht’s um bare Münze. Häufig werden die folgenden Kriterien zum Priorisieren verwendet:

  • Return on Investment (ROI): Misst die Rentabilität einer Investition, indem der Nettogewinn mit den Anfangskosten verglichen wird.

  • Payback-Periode: Berechnet die Zeit, die benötigt wird, um die anfängliche Investition durch Effekte des Projekts wieder hereinzuholen.

  • Budget und Kosten: Bewertung der finanziellen Ansprüche und Machbarkeit des Projekts innerhalb definierter Budgetbeschränkungen.

  • Effekt-Pareto-Analyse: Identifiziert und konzentriert sich auf die wirkungsvollsten Projekte, basierend auf dem Pareto-Prinzip.

Ansätze dieser Art stellen sicher, dass Ressourcen Projekten mit dem höchsten finanziellen Einfluss zugewiesen werden, im Einklang mit den finanziellen Zielen der Organisation. Sie erfordern jedoch, dass Sie die finanziellen Aspekte von Projekten frühzeitig - meist schon im Ideenstadium - recht gut kennen. Da beißt sich die Katze ein wenig in den Schwanz. Daher empfehlen wir selten, allein auf die finanziellen Ansätze zu setzen. Wir empfehlen jedoch nachdrücklich, einen solchen Ansatz mit einem geeigneten Stage-Gate-System zu kombinieren (z. B. Härtegraden). Wenn Sie mehr über Stage Gates erfahren wollen, geht hier eine kleine Abzweigung in ein weiteres Universum des PMO- und PPM-Rabbitholes los.

Wann ist eine gute Zeit für die Priorisierung?

Projektpriorisierung ist kein einmaliges Ereignis; vielmehr ist es ein fortlaufender Prozess, der in das Gewebe des Projektportfoliomanagements eingewoben ist. Es gibt jedoch spezifische Punkte, die eine genaue Priorisierung erfordern:

1. Strategische Planungssitzungen:

  • Stimmen Sie die Projektpriorisierung mit strategischen Planungssitzungen ab, um sicherzustellen, dass Projekte direkt zu übergeordneten organisatorischen Zielen beitragen.

2. Überprüfung der Ressourcenzuweisung:

  • Überprüfen Sie regelmäßig die Projektprioritäten während der Bewertungen der Ressourcenzuweisung und passen Sie diese an, um die Ressourcennutzung zu optimieren.

3. Änderung der organisatorischen Landschaft:

  • Passen Sie die Projektpriorisierung an, wenn es Verschiebungen in Marktdynamiken, internen Prioritäten im Unternehmen oder technologischen Fortschritten gibt.

4. Projektmeilensteine und Bewertungen:

  • Nutzen Sie Projektmeilensteine und Überprüfungspunkte, um Prioritäten neu zu bewerten und Projekte an sich ändernde Anforderungen anzupassen.

5. Stage Gates & Härtegrade

  • Wir haben bereits kurz auf Stage Gates hingewiesen, und sind der Meinung, dass das Thema einen eigenen Artikel verdient (zum Glück finden Sie ihn hier). Um es an dieser Stelle kurz zu halten: Besonders wenn Projekte in neue strategische Phasen / Stage Gates übergehen, stehen meist viele Informationen zur Verfügung. Diese können/sollten genutzt werden, um das Projektportfolio neu zu priorisieren.

Gängige Schwierigkeiten: Magenschmerzen und zickige Prio-Listen

Effektive Projektpriorisierung ist einer der vielen Eckpfeiler erfolgreichen Portfoliomanagements. PMOs, die diese Kunst beherrschen, verbessern nicht nur ihre Entscheidungsfähigkeiten, sondern ebneten auch den Weg für nachhaltigen organisatorischen Erfolg. Aber Sie laufen Gefahr, die Dinge zu kompliziert zu machen. Besonders bei Verwendung eines eher mathematischen Ansatzes. Sichere Anzeichen dafür sind Magenschmerzen (auch als weites Auseinanderliegen von Bauchgefühl und berechneter Priorisierung bezeichnet) und zickige Listen von Prioritäten. Zickige Prio-Listen treten auf, wenn sich bei geringfügiger Änderung der Eingabefaktoren die Priorisierungsliste erheblich ändert. Achten Sie auf diese beiden Aspekte, wenn Sie Ihre bevorzugte Methode auswählen und ausprobieren.

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