Polykrise - Was bedeutet das für Unternehmen?

Johanna Odenhausen

Krieg in Europa, Inflation, Energie-Krise, Nachfolgen der Corona-Pandemie, zunehmende Gefahren durch den Klimawandel - wir leben in in einer Häufung von Krisen. Solch eine komplexe Situation, von der ein Land oder ein Wirtschaftsgebiet betroffen ist, nennt man auch eine Polykrise. In diesem Artikel erfahren Sie, was sich hinter dem Begriff der Polykrise verbirgt, warum man den Begriff öfter im Zusammenhang mit unserer aktuellen Lage hört und mit welchen Maßnahmen Sie reagieren können.

Die Polykrise ist ein Begriff, der in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Er wird häufig genutzt, um die aktuelle politische und wirtschaftliche Lage in Deutschland und Europa zu beschreiben. Doch was genau ist damit gemeint?

Eine Polykrise besteht aus mehreren Krisen, welche zur selben Zeit stattfinden und sich gegenseitig verstärken. Beispielsweise können politische Instabilität, wirtschaftliche Rezessionen, Umweltkatastrophen und soziale Unruhen gleichzeitig auftreten und sich gegenseitig verstärken. Da die Ursachen und Auswirkungen oft miteinander verflochten sind, ist es oftmals schwierig, passende Maßnahmen und Lösungen zu finden.

Der Begriff Polykrise wurde von Adam Tooze geprägt, einem Wissenschaftler und Wirtschaftshistoriker an der Columbia University. Eine Polykrise ist nicht nur die Summe einzelner Krisen, welche koexistieren, sondern eine Art Cluster von Krisen, die sich gegenseitig beeinflussen. Seit 2022 scheint der Begriff wieder häufiger in Verwendung zu sein – Nachwirkungen der Corona-Krise, Krieg in Europa, Lieferengpässe, Inflation, Energie-Krise und allen voran der Klimawandel – die Konsequenzen spüren mittlerweile auch die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, Deutschland allen voran.

Tooze - Benenner der Polykrise

Der renommierte Historiker Adam Tooze prägte maßgeblich den Begriff. Tooze ist ein britischer Experte für Wirtschafts- und Finanzgeschichte und hat mehrere wegweisende Werke zu globalen Krisen veröffentlicht. Seine Forschung konzentriert sich dabei maßgeblich auf die Analyse und Interpretation von Wirtschafts- und Finanzkrisen, insbesondere in Bezug auf geopolitische Zusammenhänge.

Warum sind Polykrisen so tückisch?

Polykrisen umfassen politische, wirtschaftliche, soziale und ökologische Dimensionen. Sie beeinflussen die Gesellschaften, die Politik und internationale Organisationen stark. Ressourcen und Aufmerksamkeit müssen aufgeteilt werden, um auf verschiedene Notlagen gleichzeitig zu reagieren. Das Problem dabei ist, dass dadurch keine der Krisen angemessen angegangen wird und es zu einem Teufelskreis der Verschärfung kommt.

Durch die starke Verflochtenheit der Faktoren bei Polykrisen, ist es nicht möglich, eine Hauptursache zu definieren und eindeutige, gezielte Lösungen zu entwickeln. Die Grenzen zwischen den verschiedenen Problemen sind verschwommen, Ursachen und Auswirkungen sind komplex. Zum Beispiel kann wirtschaftliche Unsicherheit zu sozialen Spannungen führen, während gleichzeitig ökologische Faktoren die politische Stabilität bedrohen.

Inflation und geopolitische Lage wichtige Treiber bei Unternehmenstransformationen.

Auch in unserer hauseigenen Studienreihe #SHIFTHAPPENS zeigt sich der deutliche Einfluss der Polykrise auf die deutsche Wirtschaft. Im Jahr 2023 gaben unsere Befragten an, dass Preis- und Kostendruck die Haupttreiber für Unternehmenstransformationen sind. Auf Platz drei und vier rangieren die gegenwärtige geopolitische Lage und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Erfreulicherweise sind die Auswirkungen der Corona-Krise inzwischen auf dem letzten Platz positioniert.

Wie sollten Unternehmen in Polykrisen handeln?

Ein Unternehmen sollte flexibel, proaktiv und verantwortungsbewusst sein, um die Auswirkungen der Krise auf ihr Geschäft zu minimieren und selbst die Krise zu überstehen.

  1. Frühzeitige Risikoanalyse und Planung: Eine umfassende Risikoanalyse sollte durchgeführt werden, um potenzielle Auswirkungen der diversen Notsituationen auf das Geschäft zu identifizieren. Anschließend sollten Krisenmanagement- und Notfallpläne entwickelt werden, die auf verschiedene Szenarien abgestimmt sind.

  2. Kommunikation und Transparenz: Deutliche Kommunikation mit Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und anderen Stakeholdern ist wichtig. Unternehmen sollten transparent über die ergriffenen Maßnahmen, potenzielle Auswirkungen auf den Betrieb und mögliche Änderungen in den Geschäftsabläufen informieren.

  3. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Umstände ändern sich und Unternehmen müssen bereit sein, sich anzupassen. Es kann vorkommen, dass Geschäftsmodelle, Lieferketten und Produktionsprozesse überdacht werden müssen, um dem Krisenstand gerecht zu werden.

  4. Diversifizierung der Lieferketten: Eine Abhängigkeit von einer einzigen Lieferkette oder einem einzigen Lieferanten ist riskant. Durch eine Diversifizierung der Lieferketten, werden Engpässe und Unterbrechungen minimiert.

  5. Fokus auf Mitarbeitergesundheit: Die Sicherheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter ist entscheidend für den Unternehmenserfolg. Z.B. können flexible Arbeits-Arrangements, psychologische Unterstützung und Richtlinien für den Krisenumgang Mitarbeiter unterstützen.

  6. Innovatives Denken: Notlagen erfordern innovative Lösungsansätze. Neue Technologien, Geschäftsmodelle oder Partnerschaften können bei der Bewältigung einer Krise unterstützen.

  7. Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung: Besonders in Krisenzeiten ist es wichtig, Engagement für soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit zu zeigen. So tragen auch Unternehmen einen positiven Beitrag zur Gesellschaft. Außerdem kann es die äußere Wahrnehmung des Unternehmens aufwerten, denn häufig sind gängige Maßnahmen in Krisenzeiten, wie Kostensenkung und Preissteigerung, eher negativ konnotiert bei Kunden.

  8. Liquiditätsmanagement: Um finanzielle Stabilität während einer Krise zu gewährleisten, sind eine solide Finanzplanung und Liquiditätsmanagement entscheidend.

Fazit:

Polykrisen sind eine reale Gefahr für die Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Die aktuelle Häufung von Krisen ist geschichtlich betrachtet nichts Neues, und es wird auch garantiert nicht das letzte Mal sein. Wir können alle Maßnahmen treffen, um so gut wie möglich auf den Ernstfall vorbereitet zu sein. Jeder kann seinen Beitrag zur Bewältigung einer Krise beitragen, doch die Hauptverantwortung liegt auf globaler politischer Ebene.

Doch es gibt positive Aussichten: In der aktuellen #SHIFTHAPPENS Podcast Folge, erklärt uns der Autor von #SHIFTHAPPENS23, Dr. Jonas Steeger, dass sich die Krisenlage momentan ein wenig erholt. Für mehr Details können Sie kostenlos die Folge anhören.

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